Zahl der Woche: 65 % Sanierungsschlaf
- ronaldgoigitzer6
- Jun 12
- 2 min read
Wenn man sich die aktuelle Diskussion um Klimaziele, Energiepreise und nachhaltige Stadtentwicklung ansieht, dann sticht eine Zahl besonders hervor: Rund 65 Prozent der Wohngebäude in Österreich gelten als energetisch unsaniert.
Das bedeutet: Zwei Drittel des Gebäudebestands entsprechen nicht dem heutigen Stand der Technik, was Dämmung, Heizsysteme oder Fenster betrifft. Die Folge sind unnötig hohe Energieverbräuche, steigende Betriebskosten und verpasste Chancen – für Eigentümer wie für Investoren.
Diese Zahl ergibt sich nicht aus einem einzigen nationalen Datensatz, sondern lässt sich realistisch aus mehreren Quellen herleiten. Das Umweltbundesamt spricht davon, dass über 75 Prozent des gesamten EU-Gebäudebestands energetisch ineffizient sind. Die Sanierungsrate in Österreich stagniert seit Jahren bei lediglich rund 1,5 Prozent jährlich. Damit liegt es auf der Hand, dass der Anteil unsanierter Gebäude weiterhin hoch bleibt – eine stille Mehrheit mit großem energetischem Nachholbedarf.
Als Immobilienfachmann sehe ich darin vor allem eines: eine doppelte Chance. Auf der einen Seite besteht enormes Potenzial für energetische Sanierungen, die nicht nur zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors beitragen, sondern auch die Betriebskosten spürbar senken. Auf der anderen Seite bedeutet Sanierung eine wirtschaftliche Aufwertung – energetisch ertüchtigte Objekte erzielen bessere Preise, sowohl bei der Vermietung als auch im Verkauf. Besonders in urbanen Lagen wie Wien, Graz oder Linz sehen wir, dass Nachhaltigkeit immer stärker zur Währung am Immobilienmarkt wird.
Dazu kommt eine weitere Entwicklung, die Eigentümer nicht unterschätzen sollten: die politische Dynamik. Die EU-Gebäuderichtlinie fordert klare Einsparziele bis 2030, unter anderem eine Reduktion des durchschnittlichen Energieverbrauchs um mindestens 16 Prozent. Bis 2050 sollen sämtliche Gebäude de facto klimaneutral sein. Diese Vorgaben werden mittelfristig in nationale Sanierungspflichten oder zumindest in klare Anreize münden – wer frühzeitig handelt, profitiert doppelt: durch Förderungen, die heute bis zu 75 Prozent der Investitionskosten abdecken können, und durch eine spürbare Wertsteigerung.
„65 % Sanierungsschlaf“ ist also nicht nur eine ernüchternde Bestandsaufnahme, sondern auch ein Aufruf zum Handeln. Wer jetzt in energetische Qualität investiert, sichert langfristig die Wettbewerbsfähigkeit seiner Immobilie – und leistet gleichzeitig einen aktiven Beitrag zur Energiewende.

Comments